Heimatkreis Braunau / Sudetenland e.V.

Tschechisch Deutsch
 
Braunauer Land / Broumovsko ©Martin Schuster | zur StartseiteBraunauer Land / Broumovsko ©Martin Schuster | zur StartseiteKlosterkirche Braunau / Broumovský klášter ©Jan Záliš | zur StartseiteBenediktinerkloster Braunau / Broumovský klášter ©Jan Záliš | zur StartseiteKlosterbibliothek Braunau / Klášterní knihovna ©Jan Záliš | zur StartseiteKlosterbibliothek Braunau / Klášterní knihovna©Jan Záliš | zur StartseiteKlostergarten Braunau / Klášterní zahrada ©Jan Záliš | zur StartseiteBenediktinerkloster Braunau / Broumovský klášter ©Jan Záliš | zur StartseiteTschokala / Lokálka ©Jan Záliš | zur StartseiteTürbeschlag Kloster Braunau / Broumovský klášter ©Jan Záliš | zur Startseite
Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Wirtschaftliche Entwicklung

Bis zum Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert stellte die Landwirtschaft den Haupterwerb der Bevölkerung des Braunauer Ländchens und des Wekelsdorfer Gebietes dar. Bedingt durch die Höhenlage (410 - 810 m ü.d.M.) und ein überwiegend raues Gebirgsklima gediehen nur Feldfrüchte, die keine zu großen Ansprüche stellten, das Vieh wurde vor allem im Stall gehalten. Der Wald diente als Rohstoff für Nutzholz. 

In der Stadt Braunau und in den Dörfern war zudem die Leinenweberei auf der Basis des heimischen Flachses seit dem Mittelalter ein wesentlicher Erwerbszweig. In vielen Häusern befanden sich Webstühle, die in den Familien in Heimarbeit betrieben wurden. Die Hausweberei nahm im 18. Jahrhundert einen großen Aufschwung, als die Handweber in den Stiftsdörfern von der Grundherrschaft, dem Kloster, in einer Zunft zusammengefasst wurden. Die Obrigkeit sicherte die Materialbeschaffung und Beschäftigung und erzielte erhebliche Gewinne durch den Verkauf der fertigen Produkte. Erst durch die Schlesischen Kriege und die damit verbundene neue Grenzziehung kam die Produktion in der Manufaktur zum Erliegen.

Haus-Webstuhl im Braunauer Heimatmuseum Forchheim
Tuchmacher-Stube im 19. Jh.

Einen großen wirtschaftlichen Aufschwung erlebten die Tuchmacher Braunaus ein letztes Mal durch die Napoleonischen Kriege, die abgesehen von Kriegssteuern und Proviantlieferungen weitgehend an ihnen vorbeigingen. Man produzierte das Tuch für die Uniformen der österreichischen Soldaten. Besonders verbreitet war im Braunauer Land die Leinenweberei, da der Flachsanbau gute Einkünfte versprach. In der Stadt ging die Tuchmacherei von Wollstoffen nach 1830 jedoch immer weiter zurück. Der neue Spinnstoff, die Baumwolle, durfte nur mit behördlicher Genehmigung verarbeitet werden und verdrängte den Flachs bis Ende des 19. Jahrhunderts. Private Händler, die aus dem Kreis der Weber hervorgegangen sind, wurden zu Textilunternehmern, die im Verlagswesen, sogenannten Faktoreien, die Weber mit der notwendigen Baumwolle versorgten, um ihnen anschließend die fertigen Produkte abzukaufen. 1856 wurde durch die Firma Schroll in Braunau-Ölberg der erste mechanische Webstuhl aufgestellt. Es entstanden Textilfabriken zur Verarbeitung von Baumwollgarn in der Stadt und in den umliegenden Dörfern in Märzdorf, Heinzendorf, Dittersbach, Halbstadt, Wekelsdorf, Adersbach und Oberwernersdorf, die bereits Dampfmaschinen anschafften und damit den Schritt in die industrielle Revolution vollzogen. Braunau war eine bedeutende Tuchmacher-Stadt nicht nur in Böhmen, sondern in Mitteleuropa. Die Stadt war ein starkes Glied der k.u.k. Textilindustrie in einer Kette von Reichenberg im Westen bis Mährisch Ostrau im Osten. Die Arbeit war überwiegend für den Export bestimmt. Das dörfliche und städtische Zusammenleben veränderte sich durch die neuen Arbeitsbedingungen und zuziehende Fabrikarbeiter. Die Arbeitsbedingungen mit zwölfstündiger Arbeitszeit an sechs Wochentagen ohne Urlaubstag waren hart. Es gab bescheidene Versuche der Unternehmer, die soziale Not zu lindern durch die Einrichtung von Wohlfahrtsgebäuden mit Volksküchen, Kindergarten und Mietshäusern, z.B. durch die Firma Pollack und die Firma Schroll, die auch das Krankenhaus errichtete. Erst Ende des 19. Jahrhunderts sorgte eine moderne Sozialgesetzgebung nach Bismarckschem Vorbild in den böhmischen Ländern der k.und k. Monarchie für kleine Verbesserungen in der Arbeitswelt.

Reklame

Weitere Verarbeitungsbetriebe im Bereich der Textindustrie waren die Spinnereien, Bleichen und Färbereien. Gründer dieser Betriebe waren überwiegend einheimische ehemalige Leinenhändler und Unternehmer aus dem Bauernstand. Benedikt Schroll aus Ruppersdorf war mit Fabriken in Halbstadt und Braunau der größte Betrieb des früheren Österreichs mit 2.000 Beschäftigten, Hermann Pollack in Großdorf hatte 1.280, Moritz Schur in Märzdorf 400 und Franz Nowotny in Braunau 270 Beschäftigte. Weitere Betriebe mit 80 bis 200 Angestellten waren in Starkstadt, Ober-Adersbach, Mohren, Deutsch Matha, Ober-Wernersdorf, Halbstadt, Dittersbach, Heinzendorf und Wiesen. 

Die Veredelung der Textilien durch Bleichen, Appreturen, Färbereien und Textildruckereien erfolgte in den Vereinigten Färbereien Braunau mit 350, Anton Drechsel in Dittersbach mit 200 und Popper in Unter-Wekelsdorf mit 100 Beschäftigten. Diese Betriebe brachten schon damals soziale Leistungen für ihre Arbeitnehmer: Wohnsiedlungen, Wohnhäuser, Werksküchen, Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten, Kranken- und Unterstützungsfonds (spätere Pensions- und Invalidenkasse), außerdem eine Webereifachschule in Starkstadt, gewerbliche Berufsschulen in Braunau und Fabrikfeuerwehren.


 

Postkarten

Ein massiver Rückgang der Textilindustrie erfolgte nach dem Ersten Weltkrieg, da die Absatzmärkte des ehemaligen Österreich-Ungarns wegbrachen. Hinzu kam die allgemeine Wirtschaftskrise in den 1920er und 30er Jahren sowie die verfehlte Wirtschaftspolitik der neu gegründeten Tschechoslowakischen Republik, welche die industrialisierten und mehrheitlich von Deutschen bewohnten Randgebiete benachteiligte. Noch 1910 war die Beschäftigung in der Industrie in Europa nur in England und Belgien höher. Der Bezirk Braunau wies im cisleithanischen, d.h. westlichen Reichsteil der Monarchie, neben der Region um Asch die höchste Rate an in Gewerbe und Industrie tätiger Bevölkerung auf. Die ČSR erhielt hohe Anteile an der Industrie des ehemaligen Österreich-Ungarns, dazu gehörten auch ca. 80 Prozent der Eisen- und Stahlproduktion, 75 Prozent der Textindustrie und 90 Prozent der Glas- und Porzellanproduktion.

Kohlevorkommen gab es in Jibka, wo sie bis 1925 abgebaut wurden, außerdem in Ober- und Unter-Wernersdorf, wo eine Zeit lang auch Kupfer abgebaut wurde.

Kupferbergwerk in Unter-WErnersdorf

Aus der Volkszählung von 1930 im Braunauer Land und Wekelsdorfer Gebiet geht hervor, dass noch 25,6 Prozent der Bevölkerung im Textilgewerbe beschäftigt waren und 22,1 in der Land- und Forstwirtschaft. Die Beschäftigung im Abbau von Bodenschätzen war bereits auf 1,9 Prozent gesunken. Im Bereich um 5 Prozent sind noch das Baugewerbe (Meier Braunau mit 100-150 Beschäftigten, Wilde Braunau mit 200-250 Beschäftigten, weitere Betriebe in Starkstadt, Ruppersdorf, Halbstadt und Wekelsdorf), der Maschinenbau (Eisengießereien Lang und Winter in Braunau, Ringel in Großdorf), der Handel sowie die Nahrungsmittelproduktion, hier besonders das Brauereiwesen (Bürgerliche Brauerei Braunau mit 5.760 hl, Stifts Brauerei Ölberg mit 9.780 hl, beide 1943 vereinigt zu Erben in Starkstadt mit 23.000 hl) zu erwähnen. Nicht zu vergessen ist in den 1930er Jahren auch der Fremdenverkehr mit bis zu 60.000 Besuchern pro Jahr vor allem in den Felsenstädten Adersbach und Wekelsdorf. 

Befördert durch die Weltwirtwirtschaftskrise ab 1929 und die Bevorzugung tschechischer Unternehmer bei Staatsaufträgen, wuchs die Arbeitslosigkeit und damit auch die Armut in den Sudetengebieten unverhältnismäßig. Fabriken, wie z.B. die Flachsgarnspinnerei in Ober-Adersbach, wurden geschlossen oder die Arbeitszeit auf ein Minimum verkürzt. Auch die Bauern und der Handel hatten Einbußen, da die Kaufkraft der Industriearbeiterschaft beträchtlich sank.