Braunau - wirtschaftliches Zentrum
Das Tuchmachergewerbe
Unter den Zünften der Stadt war die Tuchmacherzunft die größte und ohne Zweifel die bedeutendste. Seit ältesten Zeiten wird Braunau "die Tuchmacherstadt" genannt, soll sie nach einer alten Überlieferung nach von flandrischen Tuchmachern gegründet worden sein. Schon im Jahre 1256 erteilte König Premysl Ottokar II. der Zunft ein Privileg. Braunau gehörte zu den bedeutendsten Tuchmacherstädten Mitteleuropas, die weitgehend für den Export arbeitete.
Die Kapazität der Tucherzeugung in Braunau hatte in Böhmen nicht ihresgleichen. Braunau war nicht nur Hauptlieferant für die Prager und schlesischen Märkte, sondern auch für Oberösterreich und Westeuropa. Es besaß den Charakter einer ausgesprochenen Exportstadt. Im Jahre 1567 wurden in Braunau 11.856 Stück Tuche hergestellt. Noch im Jahre 1717 folgte Braunau mit 300 Tuchmachern an zweiter Stelle nach Reichenberg mit 315 Tuchmachern. Vor allem durch die Abtrennung Schlesiens nach dem Siebenjährigen Krieg gingen den Tuchmachern gute Märkte verloren.
Weberei
Braunau war aber auch das Zentrum einer von der Obrigkeit straff organisierten Leinenweberzunft, deren Angehörige auf den Stiftsdörfern arbeiteten. Den Höchststand erreichte sie im Jahre 1724 mit 1.417 Angehörigen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Braunauer Textilindustrie schließlich zu der Bedeutung, die sie bis 1918, ja bis 1938 besaß und - unter neuen Bedingungen und Organisationsformen - wohl bis heute erhalten hat (Veba - Verwaltungszentrum Braunau).
Die traditionsreiche Firma "Benedict Schrolls Sohn" besaß in Halbstadt ihre Baumwollspinnerei, in Braunau-Ölberg Webereien, Bleiche und Appretur. Hier war auch das Zentralbüro. Zu den ältesten Unternehmen zählte die Firma Brüder Nowotny (seit 1810), die nach mannigfachen Krisen um die Jahrhundertwende einen großen Aufschwung nahm. Die Textilwerke der Firma Hermann Pollacks Söhne standen zwar auf Großdorfer Grund, waren aber wegen ihrer großen Zahl von Angestellten und Arbeitern von Bedeutung für die Stadt. Vereinigte Färbereien AG.
Von 1882-1912 als Kattun- und Blaudruck-Fabrik, Färberei, Bleiche und Appretur Ignaz Koblitz, bis 1917 als Braunauer Färberei und Druckerei GmbH als Genossenschaftsbetrieb geführt und dann von den Vereinigten Färbereien AG (Wien) übernommen.
Sonstiges
Schon vor der Verleihung des Braurechtes im Jahr 1348 ist in Braunau gebraut worden. Es gab ein Klosterbrauhaus und die Brauerei der Bürger. Die Stiftsbrauerei, die zuletzt in Ölberg war, hatte 1937 einen jährlichen Ausstoß von 9.786 hl. Die Bürgerliche Brauerei, so der Name seit 1900, hatte 1937 einen jährlichen Ausstoß von 5.760 hl. Im Jahr 1943 kam es zum Zusammenschluss beider Brauereien und dem Namen "Bürgerliche Brauerei Braunau-Ölberg". Der jährliche Ausstoß belief sich dann auf 23.000 hl.
Als ein Spezialzweig industrieller Tätigkeit stellte sich die Erzeugung von Rollos der Firmen Hollmann und Merkel dar.
Mit der Herstellung von Kartonagen und mit Buchbinderei befasste sich Eduard Schneider, mit Ansichtskartenerzeugung die Firma Meißner (Ölberg). In der Papierindustrie war auch die Fa. Franz Wenzels Sohn vielseitig tätig.
Die Eisengießerei Lang in Braunau-Ölberg produzierte landwirtschaftliche Maschinen, die Fa. Gebrüder Stumpf am Obersand stellte Metallwaren her. Die Fa. A. W. Scholz fertigte Reißzeuge.
Hier soll auch die Glockengießerei des Oktav Winter erwähnt werden, die zwar zur Zeit der Vertreibung nicht mehr bestand, aber in den Jahren nach dem ersten Weltkriege viele schöne und harmonische Glockengeläute geschaffen hat.
In Braunau gab es die Ostböhmische Druckerei und Verlagsanstalt und den Betrieb des Josef Leo für Buch- und Werbedruck. Am Obersand bestand zwischen den beiden Weltkriegen die Druckerei Dimter & Stuchlik.
Handel und Gewerbe
Von alters her gab es in Braunau drei Märkte im Jahr. Auf Bitten der Braunauer bewilligte Kaiser Ferdinand III. am 17.4.1651 noch einen vierten Jahrmarkt, "da die Stadt Braunau durch viele Jahre großes Elend und Jammer ausgestanden und in Ruin gekommen ist, so soll sie sich jetzt des Friedens erfreuen. Sie soll sich erholen und weiter aufkommen". Die Märkte waren zu Pfingsten, acht Tage vor Maria Geburt, Maria Opferung und am Sonntag Sexagesima. Der dritte war zugleich auch Ross- und Viehmarkt. Seit 1898 sind die Jahrmärkte abgeschafft.
Wochenmärkte für Gemüse und Obst wurden bis in die jüngste Zeit jeden Samstag abgehalten.
Das Geldwesen
Das älteste Kreditinstitut der Stadt war der am 7. Juni 1863 gegründete "Spar- und Unterstützungsverein". Dank der Bemühungen des Hauptanregers Ferdinand Rofeld zählte der Verein, die "Rofeldkasse", bereits im ersten Jahr 57 Mitglieder. Dieser ersten Gründung folgte im Jahre 1873 die des "Bezirks- Spar- und Vorschussvereines". In den Räumen des eigenen Hauses des Vereines wurde 1904 eine Filiale der österreichisch-ungarischen Bank eröffnet. Nach dem Anschluss an das Deutsche Reich wurden die beiden genannten Geldanstalten zur "Volksbank" zusammengelegt. Verhältnismäßig spät folgte unter dem Bürgermeister Dr. Josef Dimter im Jahre 1897 die Gründung der "Sparkasse der Stadt Braunau".
Als einzige Bank hatte die "Böhmische Unionbank" eine Filiale in Braunau errichtet. Im Jahre 1932 wurde die "Gewerbliche Spar- und Darlehenskasse" gegründet.
Hinweis:
Im Heimatbuch "Das Braunauer Land" können Sie noch mehr über Braunau nachlesen. Obwohl das Buch vergriffen ist, kann es der Heimatkreis in unregelmäßigen Abständen in guter Erhaltung zum Kauf anbieten.